Pressemitteilung von Haus & Grund RLP
PRESSEMITTEILUNG
Mainz, 23. Januar 2020
Haus & Grund kritisiert geplanten Etikettenschwindel bei Straßenausbaubeiträgen
Die SPD-geführte Landesregierung plant die Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen „grundsätzlich“ abzuschaffen und stattdessen landesweit einheitlich die Erhebung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen vorzuschreiben. Haus & Grund kritisiert das Vorgehen als Wahlkampfmanöver mit Blick auf die Landtagswahl 2021.
„Der Plan der Regierungskoalition, mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf die Debatte um die Erhebungspraxis der Straßenausbaubeiträge zu beenden, wird nicht funktionieren“, so Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz. Mit der „grundsätzlichen“ Abschaffung werden die bestehenden Ungerechtigkeiten keineswegs nachhaltig beseitigt. „Die Verlagerung auf wiederkehrende Beiträge (die jetzt schon gesetzlich vorgesehen sind) mit allen damit zusammenhängenden rechtlichen Problemen ist allenfalls ein Täuschungsversuch.“ So Schönfeld. Ein Systemwechsel wie ihn die SPD in anderen Bundesländern fordert oder die FDP als Landespartei im Oktober 2018 beschlossen hatte, findet nicht statt.
Wiederkehrende Beiträge sind keine Lösung des Problems
Die Einführung von wiederkehrenden Ausbaubeiträgen ist in den Kommunen mit großen Unsicherheiten verbunden und führt deshalb zu keiner Beseitigung der Grundproblematik. Den Einnahmen aus Straßenausbaubeiträgen stehen teilweise erhebliche Personal- und Sachkosten, etwa für die Beauftragung von Ingenieurbüros oder im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten um die Erhebung wiederkehrender Beiträge gegenüber. Das Gebiet, in dem die wiederkehrenden Beiträge erhoben werden, ist wesentlich größer als beim einmaligen Beitrag. Die Beiträge werden über Jahre gestreckt und sind deshalb zwar nicht so hoch. Allerdings ist diese Form der Beiträge komplizierter, bürokratischer und damit streitträchtiger.
Wiederkehrende Beiträge kennen außerdem bisher nur die Länder Rheinland- Pfalz, Saarland, Hessen, Niedersachsen, Thüringen, Schleswig- Holstein sowie Sachsen- Anhalt.
Einmalbeiträge bleiben weiterhin möglich
Der Gesetzesentwurf sieht darüber hinaus immer noch eine Ausnahme von der Erhebung wiederkehrender Beiträge vor. Wenn die Bildung einer „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ rechtlich nicht zulässig ist, werden in den nicht abgrenzbaren Gebietsteilen weiterhin einmalige Beiträge erhoben.
Wohlhabende Kommunen werden weiterhin zur Beitragserhebung gezwungen
Für Rheinland-Pfalz gilt nach dem kommunalen Haushaltsrecht außerdem weiterhin, dass die Gemeinden faktisch verpflichtet sind, Beiträge zu erheben. Ein echtes Wahlrecht wie in Hessen, ob und ggf. in welcher Höhe die Gemeinden von einer Beitragserhebungsverpflichtung Gebrauch machen, besteht nicht. Dies (haushaltsrechtliche) Ausgangssituation führt zu der absurden Situation, dass Kommunen mit guter Finanzlage (Beispiel: Grafschaft) weiterhin Straßenausbaubeiträge erheben (müssen), obwohl vor Ort die Bereitschaft besteht, darauf zu verzichten. Stattdessen werden Mehreinnahmen erzielt, die wiederum zu überflüssigen anderweitigen Ausgaben verleiten.
Laut Verbandsdirektor Schönfeld „besteht ohne eine Ergänzung der Gemeindeordnung dahingehend, dass die Kommunen nicht durch die Aufsichtsbehörden und im Rahmen von Zuweisungsrichtlinien zur Beitragserhebung verpflichtet werden, keine echte kommunale Entscheidungsfreiheit bei Straßenausbaubeiträgen.“
„Es gibt aus unserer Sicht nur eine faire und unbürokratische Lösung: Die komplette Abschaffung der einmaligen und wiederkehrenden Ausbaubeiträge. Straßen sind ein öffentliches Gut und sollten daher aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden.“ so Schönfeld weiter. Am Ende bleibt die Frage, wieso das, was in vielen anderen Bundesländern geht, in Rheinland-Pfalz nicht möglich sein soll?
Gemeindestraßen verkörpern die klassische öffentliche Daseinsvorsorge. Der gesellschaftliche Wandel ist unübersehbar. Es ist vielmehr nicht (länger) nachvollziehbar, warum für Maßnahmen der Erneuerung, der Erweiterung, des Umbaus und der Verbesserung der gemeindlichen Straßen die Eigentümer der anliegenden Grundstücke zu Beiträgen herangezogen werden sollen, obgleich die Benutzung dieser Straßen als Infrastruktur allen offen steht.
Hintergrund:
Haus & Grund Stimmungsbarometer
Die privaten Vermieter stellen mehr als zwei Drittel aller Mietwohnungen in Rheinland-Pfalz zur Verfügung und sind somit ein zentraler ein Stabilitätsfaktor für den Wohnungsmarkt. „Daher darf es keine weiteren Gängelungen des privaten Eigentums geben“, so Verbandsdirektor Ralf Schönfeld unter Bezugnahme auf die Auswertung des Haus & Grund-Stimmungsbarometers.
Große Mehrheit ist Kleinvermieter und benötigt Wohnungen zur Altersvorsorge
Haus & Grund Rheinland-Pfalz ist mit über 43.000 Mitgliedern der mit Abstand größte Vertreter der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in Rheinland-Pfalz. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass 80% der Haus & Grund-Mitglieder nur 1-10 Wohneinheiten besitzen, d.h. typische Kleinvermieter sind. Zudem sind mehr als 70% der Mitglieder über 60 Jahre alt. Dies zeigt die große Bedeutung der privaten Immobilie(n) für die Altersvorsorge. Darüber hinaus sind die Haus & Grund-Mitglieder keineswegs automatisch „Großverdiener“. Über 50% der befragten Haus & Grund-Mitglieder gaben an, weniger als 10.000 € an jährlichen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Darüber hinaus wird bei einem Drittel mit der Vermietung gerade mal eine Kostendeckung erreicht, während nur bei zwei Drittel der Befragten die Einnahmen die Ausgaben übersteigen.
Politischer Aktionismus ist kontraproduktiv und schadet Mietern
Über 20% der private Immobilieneigentümer in Rheinland-Pfalz überlegen, die Vermietung einzustellen und/oder die Immobilie zu verkaufen. Grund dafür sind die fortgesetzten eigentümerfeindlichen Maßnahmen, zu denen nicht nur die Mietpreisbremse, sondern auch das Vorgehen beim Thema Straßenausbaubeiträge oder bei der Reform der Grundsteuer gehört. Da Private mit Abstand (über 70%) der größte Wohnungsanbieter in Rheinland-Pfalz sind, wäre ein solcher Rückzug aus dem Wohnungsmarkt fatal.
Pressekontakt:
Rechtsanwalt Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor
Telefon: 06131-619721 Mobil: 0171-5352072 Mail: schoenfeld@hausundgrund-rlp.de